MENU
Schließen

31-07-2024

Kreislauffähige Plazas für PwC Amsterdam

Frank van der Pasch
Kaufmännischer Leiter
Artikel weiterleiten:

Dieser Artikel wurde veröffentlicht Juli 2024 in Magazin Pi. Der Text wurde von Eva Vroom geschrieben. Die Fotos stammen von about.today.

Der Amsterdamer Hauptsitz von PwC Niederlande befindet sich in den zwischen 2004 und 2006 von Kraaijvanger Architects entworfenen Bauten Westgate I und Westgate II im Businesspark Riekerhaven. Die beiden Gebäude mit einer Gesamtbürofläche von ca. 56.000 m2 sind durch einen unterirdischen Fußgängertunnel im Parkhaus miteinander verbunden.

 

FOTO: In der Mitte der Plazas befinden sich die Rezeption, eine Kaffeebar und eine Tagesbar.

Zur Förderung des sogenannten activity-based-working wurden die ursprünglichen Zellenbüros in den vergangenen Jahren schrittweise in eine offene Büroumgebung umgewandelt. Dabei wurde nach einer CO2-neutralen und zirkulären Renovierung gestrebt und so viel Material wie möglich wiederverwendet. Die zentralen Begegnungsorte, die sogenannten Plazas in Westgate I und II waren Teil dieses Projekts.

Die riesigen Innenräume wurden von Powerplant gestaltet und von Gielissen Interiors | Exhibitions | Events gebaut, da Gielissen über viele Jahre Erfahrung im Bereich Zirkularität verfügt.

FOTO: Sorgfältig platzierte Bepflanzungen und begrünte Wände sind ein wichtiger Bestandteil der Innenraumgestaltung.

Coworkingspace

„Powerplant ist seit 2017 an dem Projekt beteiligt“, sagt der Creative Director David Kulen. „Wir haben für die Plazas einen kreislauffähigen Entwurf erstellt. Ursprünglich waren diese großen Empfangsbereiche viel formeller gestaltet. PwC wendete sich mit der Bitte an uns, diese Räume zum Leben zu erwecken.“ Powerplant entwarf eine radikal neue Zonierung der Plazas, bei der ein gastfreundliches Ambiente im Mittelpunkt steht. „Wir haben die Plazas als coworkingspace eingerichtet, der etwa zwei Stunden pro Tag hauptsächlich als Restaurant genutzt wird. Dadurch, dass die hospitality durchgehend verfügbar ist und immer eine Gaststätte offen hat, entsteht ein lebendiger Begegnungsort.“

In der Mitte der Plazas befinden sich die Empfangstheke, eine Kaffeebar und eine All-day-bar. Diese Angebote sind in einen von der Stadtparkplanung inspirierten Ring eingebettet, der als angenehmer und anregender coworkingspace mit sorgfältig platzierter Bepflanzung und grünen Wänden gestaltet wurde. „Wir haben verschiedene Sitzbereiche mit unterschiedlicher Atmosphäre und Typologie entworfen, abwechslungsweise mit offenen und privateren Bereichen, wobei sich die ruhigsten Bereiche am äußeren Rand des Rings befinden.“

FOTO: Auf der Plaza von Westgate II wurde unter anderem Gerüstrohr verwendet, das universell einsetzbar, demontierbar und somit leicht wiederverwendbar ist.

FOTO: Die markante Tribüne in Westgate I hat Gielissen mit wiederverwendeten Wandpaneelen aus dem PwC-Büro verkleidet.

Ausmalbogen

Eine wichtige Bedingung von PwC war, die Wiederverwendung zum Bestandteil des Designs zu machen. David Kulen: „PwC möchte die Zirkularität maximal in Projekte einbeziehen. Sie hatten ein ganzes Stockwerk voller komplett restaurierter Möbel sowie einen großen Materialpool mit wiederverwendbaren Teilen, Verkleidungen und so weiter. Das war eine Herausforderung, denn dadurch war ein herkömmlich lineares Design nicht möglich. Bei kreislauffähigen Einrichtungen erstellt man zunächst einen ‚Ausmalbogen‘, den man mit dem füllt, was der Materialvorrat hergibt. Das erfordert außerordentlich viel Kreativität.“ Um sicherzustellen, dass das Design trotz der Nutzung von Recyclingmaterial eine Einheit bildet, wurde das gesamte Projekt nach einem exakten Raster entworfen. „Wir strebten nach Wiederholung und Struktur. Die kundenspezifische Maßarbeit wurde von Gielissen Interiors mit äußerster Präzision durchgeführt. Gielissen hat speziell für kreislauffähige Projekte eine Erntehalle gebaut“ , sagt Frank van der Pasch, Commercial Manager Interiors. „Wir haben die Entwurfsskizze von Powerplant in die Konstruktionszeichnungen übertragen und unter Berücksichtigung der verfügbaren Erntematerialien die nachhaltigsten Lösungen vorschlagen.“

„Für Gielissen sind die Plazas die Krönung eines langjährigen Prozesses“, meint van der Pasch weiter. „PwC Niederlande wandte sich Ende 2019 an uns, weil sie ihr Konferenzzentrum vollständig kreislauffähig umgestalten wollten. Alle Materialien dafür stammten aus bestehenden Büroelementen. Die Bildschirme stehen zum Beispiel auf AV-Möbeln, die aus alten Vollkerntischplatten angefertigt wurden. Nach dem Konferenzzentrum wollte PwC alle Arbeitsräume kreislauffähig einrichten, und wir begannen in den Büroetagen, die nach einem von Kraaijvanger Architects entworfenen aktivitätsbasierten Arbeitskonzept (activity-based-workconcept) eingerichtet wurden. Zu diesem Zweck haben wir zum Beispiel Rückwände aus geernteten und gereinigten Teppichfliesen und mobile Kaffeemöbel aus wiederverwendeten Vollkernplatten angefertigt. Den wiederverwendeten Küchenschränken wurde mit einem identischen Finish ein einheitliches Erscheinungsbild verliehen.“

FOTO: Die Plazas bieten unterschiedliche Sitzbereiche, Atmosphären und Typologien mit einer Mischung aus offenen und intimeren Bereichen.

Erntematerial

„Die Plazas kombinieren wiederverwendetes Erntematerial mit neuen, nachhaltigen Materialien“, sagt die Designerin Lotte de Jong, die zusammen mit Gielissen das komplexe ’PwC-Materialpuzzle‘ löste. „Bei sogenannten ‚Schiebeprojekten‘ ist man in jeder Projektphase vom jeweils verfügbaren Erntematerial abhängig. Man kann nicht einfach willkürlich Material aus einem Gebäude entnehmen, in dem gearbeitet wird. Bei Westgate II haben wir uns daher bewusst für neue Gerüstrohre entschieden, die universell und wiederverwendbar sind.“ Für die große Überdachung der Ausgabetheke wurden die Stahlrohre mit recyceltem Acryl kombiniert. Der Umbau der Theke besteht aus Resysta, einem biobasierten Plattenmaterial, das zu 60 % aus Reishülsen besteht.

Die Inneneinrichtung von Westgate I entstand später, als mehr Material aus dem PwC-Büro zur Wiederverwendung zur Verfügung stand. Lotte de Jong: „Für die Theken von Westgate I wurde geerntetes Accoya-Holz verwendet. Das geerntete Holz deckte den Bedarf nicht ganz, aber Kraaijvanger hat uns einen massiven Konferenztisch aus Accoya-Holz zur Verfügung gestellt. Darüber haben wir uns sehr gefreut!“ Für die auffällige Tribüne in Westgate I wurden ebenfalls wiederverwendete Wandpaneele von PwC verwendet. Türen wurden als Tischplatten genutzt und ehemalige Beleuchtungselemente wurden in hängende Pflanzgefäße umgewandelt. „PwC wollte möglichst viel eigenes Material in das Projekt einfließen lassen.“

FOTO: Gielissen hat eine eigene Erntehalle, die speziell für solche kreisförmigen Projekte gebaut wurde.

Wirkungsvoll

Rob Klinkert, Senior Portfolio Manager Facility Management bei PwC Niederlande, ist die treibende Kraft hinter diesem no-waste-Gedanken. „Nachhaltigkeitsberatungen haben in unserer Geschäftstätigkeit seit 2015 stark zugenommen. Wir vom Facility Management fühlen uns verpflichtet, eine Verbindung zum Kerngeschäft herzustellen. Die größte Wirkung, die man im Facility Management erzielen kann, ist, viel weniger zu kaufen und die Dinge, die man besitzt, so lange wie möglich in der Wertschöpfungskette zu behalten. Inspiriert von Thomas Raus Kreislaufgedanken, begannen wir in kleinem Maßstab mit einem Pilotprojekt für Beleuchtung. Nach diesem Projekt haben wir die Wiederverwendung immer weiter kultiviert und auch Lieferanten um ihre Teilnahme gebeten. Am Ende hatten wir zwei Stockwerke voller wiederverwendbarer Wände, Küchenelemente, Dämmmaterial und Beleuchtungskörper gesammelt. Bevor wir Aufträge erteilten, sagten wir zu den Anbietern: Schaut erst einmal, was ihr davon wiederverwenden könnt.“

Mit dem kreislauffähigen Design der Plazas ist er zufrieden. Er sagt dazu: „Meiner Meinung nach sollte dieses Konzept noch weiter ausgedehnt werden. Ich sehe, dass viele Projekte immer noch linear sind. Ein Gebäude oder eine Einrichtung wird geliefert und damit hat der Architekt seine Pflicht erfüllt. Aus der Entwicklungsperspektive wäre es besser, wenn er an einem Projekt beteiligt bliebe. Man sollte den Einfluss, den man als (Innen-)Architekt*in ausüben kann, nicht unterschätzen - er ist enorm.“

Legende:
Auftraggeber
 PwC Niederlande
Gestaltung Powerplant
Innenausbau Gielissen Interiors | Exhibitions | Events
Nachhaltigkeitsstrategie Lotte de Jong
Wiederverwendetes Material PwC Rubberwood; Pantry: Unterschränke, Tischplatten, Kühlschränke, Spülen und Wasserhähne; akustischer Filz; Wandpaneele grau & holzoptik; Türen; Trespa Schreibtischplatten; Teppichfliesen; Beleuchtung
Wiederverwendetes Material Dritter Rubberwood (Konferenztisch Kraaijvanger Architects)

Artikel weiterleiten: