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08-05-2023

Nationale-Nederlanden: inspirierendes Beispiel für Kreislaufwirtschaft

Frank van der Pasch
Kaufmännischer Leiter
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Dieser Artikel wurde veröffentlicht Mai 2023 in Magazin Pi. Der Text wurde von Eva Vroom geschrieben und für diese Publikation frei übersetzt. Die Fotos stammen von Lucas van der Wee.

Nationale-Nederlanden wollte seine Büros in Den Haag und Rotterdam von Grund auf renovieren, um eine nachhaltige, gesunde und flexible Einrichtung zu schaffen. Die Einrichtung sollte der dynamischen Arbeitsweise des Unternehmens entsprechen, bei der der Schwerpunkt auf agilem Arbeiten und viel Gelegenheit zur Interaktion liegt. Für die Realisierung dieser kreisförmigen Büroeinrichtung wurde ein Bauteam zusammengestellt, dem Fokkema & Partners als Architekt und Gielissen als Innenausbauer angehörten. Dirk Zwaan, Architekt bei Fokkema: "Zu Beginn des Projekts haben wir gemeinsam mit Nationale-Nederlanden einen Fahrplan aufgestellt: Das Design der Büros sollte zu 100 % kreisförmig sein, keinen Abfall verursachen und WELL-zertifiziert sein." Diese Entscheidungen entsprangen einem Konzept, bei dem die Mitarbeiter im Mittelpunkt standen. Peter Jansen, Workspace Portfolio Manager bei Nationale-Nederlanden: "Themen wie Kreislaufwirtschaft und WELL sind für uns wichtig. Wir arbeiten schon seit einiger Zeit an neuen Systemen für mehr Qualität und Funktionalität in der Arbeitsumgebung, und jetzt wollten wir wirklich ernst machen. Wir haben uns entschlossen, den gesamten Prozess auch zu dokumentieren."

Die neue Inneneinrichtung musste der dynamischen Arbeitsweise von Nationale-Nederlanden entsprechen.

 

Auswirkungen auf die Umwelt

Nationale-Nederlanden wollte bei der Renovierung vorhandene Materialien verwenden. Da das Ziel darin bestand, einen möglichst niedrigen MKI (Umweltkostenindikator) zu erreichen, wurde das Ingenieurbüro LPB|Sight an dem Projekt beteiligt. Der MKI macht die Umweltauswirkungen eines Projekts für den Kunden überprüfbar und messbar; die Umweltauswirkungen des Projekts werden mit denen eines konventionellen Projekts (mit neuen Materialien) verglichen. Lotte de Jong, Nachhaltigkeitsstrategin bei Gielissen: "Alle Materialien mussten berechnet werden. Bei jedem Grundstück wurde sehr genau darauf geachtet, welche Materialien in den Gebäuden von Nationale-Nederlanden vorhanden sind." Außerdem wurden mit den Nutzergruppen Workshops über die Gestaltung der Büros durchgeführt. Eines der Ergebnisse war, dass Nationale-Nederlanden viel mehr geschlossene Räume und damit Systemwände benötigte. Infolge der Pandemie musste der Entwurf zwischendurch angepasst werden. Da immer mehr Menschen von zu Hause aus arbeiten, wollte Nationale-Nederlanden die Büros anders nutzen, mit weniger Arbeitsplätzen und mehr Räumen für Interaktion, wie z. B. Co-Working Spaces und einem Veranstaltungsraum. Infolgedessen verringerte sich die Grundfläche von 50.000 m² auf 37.000 m². Das war immer noch eine riesige Menge an Quadratmetern, die eine reiche Ernte an Deckenplatten, Trennwänden, maßgefertigten Möbeln, losen Möbeln und Teppichen einbrachte.

 

Im Rahmen der WELL-Zertifizierung ist die Innenraumbegrünung ein wichtiger Bestandteil der Inneneinrichtung.

 

Ko-Kreationsprozess

Der Innenausbauer Gielissen richtete für das kreisförmige Projekt eine spezielle Werkstatt ein, erzählt De Jong: "Wir haben einen sehr effizienten, vollautomatischen Maschinenpark. Dann kam dieses Projekt, bei dem wir Materialien ernteten: Anstelle von Standardplattenmaterial mussten wir mit Möbeln arbeiten, in denen noch die Schrauben steckten. "Was sollen wir damit machen?", fragten die Leute anfangs. Wir haben uns überlegt, wie wir diesen Prozess trotzdem so linear wie möglich gestalten können." Gielissen selbst hat auch eine Ernteliste und eine Erntehalle mit Material aus früheren Projekten. "Wir sind jetzt bei der Ernteliste 2.0, einem soliden System, mit dem jeder arbeitet." Ein Projekt wie dieses erfordert eine ganz andere Arbeitsweise, betont Zwaan: "Es ist ein Co-Creation-Prozess, bei dem wir die ausführenden Parteien zuvor in Form von Workshops zusammengebracht haben." De Jong: "Weil man von Anfang an auch mit zum Beispiel Wandbauern und Teppichlieferanten an einem Tisch sitzt, kommt es zu einer gegenseitigen Befruchtung und man erreicht gemeinsam mehr."

 

Geäugte Glasbausteine finden sich in maßgefertigten Möbeln für eine Speisekammer wieder.

 

Ernte-Routenplanung

Alle Beteiligten mussten die Wiederverwendung in Betracht ziehen, was auch für die Subunternehmer eine neue Arbeitsweise bedeutete. Zwaan: "Nationale-Nederlanden hat Floris Schiferli von Superuse Studios hinzugezogen, weil er viel Erfahrung mit der Wiederverwendung von Materialien aus Gebäuden hat. Sie haben den Subunternehmern ein Video über kreisförmiges Bauen gezeigt; es ist wichtig, alle mit ins Boot zu holen. Es ist wichtig, alle Beteiligten mit ins Boot zu holen. Alles muss sehr sorgfältig demontiert und aus dem Gebäude entfernt werden, denn man wird mit Restströmen sowohl aus den Gebäuden als auch aus externen Quellen arbeiten. Alle Beteiligten sind durch die Gebäude gelaufen und haben Erntekarten erstellt. Wenn alle Beteiligten dies sorgfältig tun, kann man sich gegenseitig Materialien abnehmen. Es wurde viel intern geerntet, aber auch extern, u. a. über oogstkaart.nl. Die Trespa-Platten, die wir für die Verkleidung der Gebäudekerne verwendet haben, stammen zum Beispiel von einem Rotterdamer Abbruchgelände". Um diese Kerne in etwas Besonderes zu verwandeln, wählte Nationale-Nederlanden zwei Künstler, Tobias Lengkeek und Said Kinos, über einen Pitch aus. Ihre siegreichen Entwürfe wurden in die Trespa-Platten gefräst. "Indem man wiederverwendete Materialien auf diese Weise aufwertet, fügt man dem Innenraum eine zusätzliche Schicht hinzu", sagt Lengkeek.

 

Die grünen Kacheln auf den Möbeln der Speisekammer sind aus Bauschutt hergestellt; sie wurden von ShardsTiles entwickelt: einem deutschen Startup von Kunsthochschulabsolventen.

 

Meerpfähle

Ein großer Teil der losen Möbel in der Einrichtung stammt aus den Büros von Nationale-Nederlanden, ergänzt durch Second-Life-Möbel und einen kleinen Anteil neuer, komplett runder Möbel. Die bestehenden Installationen in den Büros wurden angepasst und mit Bewegungsmeldern und CO2-Sensoren ausgestattet. Zwaan und De Jong nennen einige Beispiele für Materialien, die in den Büros verwendet wurden, und die damit verbundenen Herausforderungen. "Bei den Teppichen haben wir eine Weile gegrübelt. Die grauen Streifen konnten an Tarkett zurückgegeben werden, die neue Teppichböden im Cradle-to-Cradle-Verfahren lieferten. Es gab auch Teppichböden mit leuchtenden Farben, die wir sorgfältig aussortiert und neu verlegt hatten." Um mehr Verbindung im Gebäude zu schaffen, wurden Hohlräume geschaffen. Der dabei entfernte Beton wurde für die Balustraden um die Hohlräume und für Bänke entlang der Fassaden wiederverwendet. Zwaan: "Auch das haben wir in Zusammenarbeit mit Superuse gemacht. Durch die Wiederverwendung des Betons im Projekt spart man Transportkosten." Die neue Treppe hat Stufen aus geernteten Anlegepfählen aus dem Rotterdamer Hafen, geerntete Glasbausteine kehren in Form einer Speisekammer zurück. Eine Reihe von Hemden mit dem Logo der Nationale Nederlanden erhielt ein zweites Leben als wunderschöne Akustikplatten. De Jong: "Wir haben sogar einen IKT-Helpdesk aus alten Tastaturen gebaut."

 

Co-Workspace mit Akustikpaneelen, die aus einem Stapel Hemden mit dem Logo der Nationale-Nederlanden hergestellt wurden.

 

Lattenkonstruktion

Ein auffälliges Element im Innenraum ist die offene Lattenstruktur, die die Wände bedeckt. "Da wir mit geernteten Materialien arbeiten, hat man es oft mit abweichenden Größen zu tun", erklärt Zwaan, "diese Lattenstruktur sorgt für Einheitlichkeit. Ursprünglich wollte ich eine japanische Holzverbindung für die Struktur, aber das erwies sich wegen der Sägeverluste als ungünstig. Gielissen entwickelte daraufhin einen Bügel aus recyceltem Aluminium als Verbindung. Dies führte zu 0 % Abfall, da wir die Konturplatten der Halterungen für die Glassystemwände verwendeten, um neugierige Blicke zu verhindern. Ursprünglich hatten wir dafür an Streckmetall gedacht, aber das macht mehr Spaß, weil es wiederverwendet wird und man sieht, dass es hier und da kleine Unregelmäßigkeiten im Aluminium gibt. Damit macht man die Kreisförmigkeit sichtbar, man will den Mitarbeitern auch eine Geschichte erzählen." Aus demselben Grund finden sich an einigen Stellen in den Büros Texte über die Herkunft eines Materials, zum Beispiel 'Ich war mal eine Spindtür'.

 

Eine Struktur aus Kiefernholzlatten sorgt für ein einheitliches Erscheinungsbild des Innenraums. Für die Verbindung hat Gielissen eine Halterung aus recyceltem Aluminium entwickelt, die die Struktur demontierbar und damit wiederverwendbar macht.

 

Rundschreiben

Natürlich wurden neben geernteten Materialien auch neue Materialien verwendet, aber sie mussten zirkulär und wiederverwendbar sein. Ein gutes Beispiel dafür ist der Event Space. Jansen: "Für den Event Space und die vier Co-Work Spaces war die Kreativagentur Silo an dem Projekt beteiligt. Für diese Räume hatten wir eine Reihe von Themen wie Nachhaltigkeit, Vitalität und Kreativität identifiziert, die sich explizit in der Einrichtung widerspiegeln sollten." Fokkema verwendete für den Event Space biophile Designprinzipien und schuf in diesem Raum ein organisches Volumen. Gielissen verkleidete diesen nach dem Entwurf von Silo mit unzähligen Schuppen aus biobasiertem Material. Ein weiteres Beispiel für die Verwendung nachhaltiger Materialien sind die grünen Fliesen, mit denen eine Speisekammer verkleidet wurde. De Jong: "In Fokkemas Entwurf waren diese Fliesen nicht flach, sondern dreidimensional. Wir haben uns auf die Suche gemacht und sind bei ShardsTiles gelandet: ein deutsches Start-up von Kunsthochschulabsolventen, die eine Fliese aus Bauschutt hergestellt hatten. Sie entwickelten eine maßgeschneiderte Fliese für dieses Projekt, ein Prozess, der eineinhalb Jahre dauerte. Am Ende konnten wir diesem Startup helfen, ein echtes Unternehmen zu werden.

 

Um die Zirkularität sichtbar zu machen, sind an einigen Stellen in den Büros Texte über die Herkunft eines Materials angebracht.

 

Flexibilität

Die Arbeit mit geernteten Materialien und die strengen Anforderungen an neue Materialien bedeuteten, dass alle Beteiligten sowohl kreativ als auch flexibel sein mussten. Das Ergebnis ist, dass die renovierten Büros zu einem inspirierenden Schaufenster geworden sind: für Kreislaufwirtschaft, aber auch für Zusammenarbeit und Erfindungsreichtum. Zwaan: "Wenn man Materialien sammeln will, muss man flexibel sein und das Vorhandene nutzen, auch wenn das bedeutet, dass man sein Design anpassen muss." Flexibilität ist auch eines der Schlüsselkriterien, die Jansen für den Erfolg dieses anspruchsvollen Projekts nennt: "Man muss Parteien einbeziehen, die wirklich mit der Ungewissheit umgehen können, die mit einem solchen Prozess einhergeht. Gielissen hat sogar seinen gesamten Geschäftsprozess daran angepasst! Man arbeitet nicht von Anfang an mit einem ausgearbeiteten technischen Konzept, sondern es kann sich während des Projekts noch etwas ändern. Aber auch wenn alles anders lief als sonst, waren alle Projektbeteiligten begeistert. Wir haben es einfach gemacht und alle unsere Ambitionen erfüllt."

 

 

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